Bei dieser Wildtierquerung in Suhr wurde lokales Holz verwendet. Foto: Timbatec

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Grosse Wildtierbrücken aus Holz sind problemlos möglich

Interne Berichte, die bislang unveröffentlicht blieben, zeigen: Die Wildtierquerung von Tenniken über die A2 wäre aus Holz die bessere Lösung gewesen. Doch die Behörden waren zu wenig beharrlich. Der Kanton Aargau hat vorgemacht, wie’s geht – Mischa Hauswirth

Weil die Behörden zu wenig auf ihren Standpunkt pochten, hat sie das Bundesamt für Strassen (Astra) einfach ignoriert. Dies, obwohl die Holzbauvariante über die A2 in Tenniken (BL) mehr Vorteile hätte als jene aus Beton.

Zu dieser Schlussfolgerung kommen drei Berichte, die eigentlich hätten unter Verschluss bleiben sollen, «Wald und Holz» aber zugespielt wurden. Zur Erinnerung: Die Baselbieter Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer forderten seit Jahren, dass die Wildtierquerung bei Tenniken aus regionalem Holz gebaut werden soll. Dafür gebe es ausreichend Holzvorräte in den Baselbieter Wäldern, sagen die Interessenvertreter wie etwa WaldBeiderBasel.

Doch die rund 80 Meter lange Bogenkonstruktion wird nun aus Beton errichtet, so hat es das Astra über die Köpfe der Magistraten in Liestal hinweg entschieden. Wann genau es mit dem Bau losgeht, ist noch nicht klar. Doch der Entscheid ist gefallen.

Die Baselbieter Regierung hat den Entscheid, dass Beton den Vorzug gegeben wird, bereits im vergangenen Jahr bedauert. Auch im Hinblick auf die miserable Öko-Bilanz von Beton. Dieser Baustoff verschlingt bei der Herstellung grosse Mengen an Energie und gilt als nicht CO2-neutral wie Holz. Doch genau zu dieser CO2-Neutralität hat sich das Baselbiet verpflichtet.

Holzkonstruktion angeblich nicht möglich

Beim Bundesamt für Strassen macht man erschwerte Bedingungen geltend. «Die Planung des Wildtierübergangs in Tenniken umfasst neben den Erstellungs- und Betriebskosten und den technischen Aspekten auch ökologische Aspekte wie Baumaterial, Landschaftsverträglichkeit und Materialtransporte», sagte Esther Widmer vom Astra zur «Basler Zeitung». «Die topografischen Verhältnisse, die grosse Breite der Konstruktion – Nationalstrasse und Kantonsstrasse –, die direkt über das Objekt führende Hochspannungsleitung sowie die Tatsache, dass wegen eines Bachkanals in der Mitte der beiden Fahrbahnen eine Mittelabstützung des Bauwerks nicht möglich ist, sprechen gegen eine Holzkonstruktion.»

Wenig Einfluss auf den Verkehr

Dass die Astra-Darstellung falsch ist, ergaben zwei Studien, welche die Basler Regierung bereits 2019 in Auftrag gegeben hat: Eine «fachliche Stellungnahme» zur Wildtierquerung verfasste das Institut für Holzbau von der Berner Fachhochschule; die Ingenieur- und Holzbaufirma Häring in Muttenz schrieb eine Machbarkeitsstudie. Beide Analysen sowie ihre Resultate wurden nie veröffentlicht. Der Bericht der Berner Fachhochschule an das Tiefbauamt des Kantons Basel-Landschaft wurde gar als «vertraulich» eingestuft. Die Experten-Einschätzungen zeigen jedoch eines deutlich: Eine Holzkonstruktion wäre ohne weiteres machbar. Und nicht nur aus ökologischen Gründen die bessere Variante.

In einer weiteren unabhängigen Analyse, die der Öffentlichkeit hätte vorenthalten werden sollen, kommt ein unabhängiger Experte zum Schluss: Wildtierüberführungen in Holz sind «problemlos möglich». Diese Bauvariante wäre auch schneller aufzustellen, weniger anfällig und hätte eine geringere Auswirkung auf das stark befahrene Stück Nationalstrasse zwischen Basel und Egerkingen (SO) während der Errichtungsphase. «Eine Holzbaulösung besticht insbesondere durch die extrem kurze Bauzeit aufgrund des hohen Vorfertigungsgrades. Herstellung und Montage sind deshalb weitgehend unter Verkehr realisierbar», heisst es. Die Fachanalyse äussert sich auch bezüglich Langlebigkeit der Brücke respektive wie sie auf Witterungs- und Erosionseinflüsse reagiert. «Tausalze haben eine günstige Wirkung auf Holzbauteile. Hingegen ist ein geeigneter Korrosionsschutz der Metall- und Beton-Konstruktion zwingend notwendig.» 

Und wenn einmal ein Lastwagen unter der Brücke oder Autos nach einer Massenkarambolage in Brand geraten sollten, wäre Holz sogar besser, weil es länger trägt als Beton, der unter grosser Hitzeeinwirkung zu platzen beginnt. «Holz ist zwar brennbar, aber grosse Werkstücke aus Brettschichtholz halten einem Feuer sehr lange Stand und behalten dabei entsprechend hohe Tragfähigkeit», schreibt die Firma Häring in ihrer Studie. Durch die schützende verkohlte Oberfläche bleibe ein Träger aus Holz auch bei Temperaturen von 1000 Grad Celsius im Kern unbeschädigt.

Druck aus der Politik

Mit dem vergangenen Herbst eingereichten Postulat «Holzbaustrategie Basel-Landschaft» wollen die beiden Baselbieter Mitte-Politiker Simon Oberbeck und Béatrix von Sury d’Aspremont den Kanton zwingen, künftig mehr auf regionales Holz zu setzen. Hauptgrund ist nicht nur die CO₂-Neutralität von Holz, sondern auch die Wertschöpfungskette. Bei lokalem Holz ist diese kurz und verbraucht deutlich weniger graue Energie. «Wenn wir Holz vermehrt als Baumaterial verwenden, können wir nicht nur den Absatzmarkt des Schweizer Holzes stärken, sondern auch einen Akzent auf klimagerechtes Bauen setzen», so Oberbeck. «Ausserdem wird hiermit lokales Gewerbe unterstützt.»

Es ist nicht der erste Anlauf der Politik, im Kanton Basel-Landschaft auf regionales Holz zu setzen. Alt SVP-Landrat und Holzbauer Chris Häring hat 2016 über einen Vorstoss versucht, für den Kanton verbindliche Regeln festzulegen, wenn es um die Holzbeschaffung geht. Umweltschutz- und Energiekommission des Landrates sowie die Regierung kamen zum Schluss, dass das nicht geht. Grund: das Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen. Die Vorschriften dort lassen keine Sonderbehandlung für heimisches Holz zu. 

Aargauer waren besser

Häring sieht das anders, wie er der «Basler Zeitung» sagte. «Wenn der Kanton für seine Bauprojekte erneuerbare Rohstoffe aus der Region will, so hat er die Möglichkeit dazu», so Häring. Der Kanton respektive die Politik könne die Beschaffungsregeln und die Ausschreibung so ändern, dass er respektive sie den Rohstoff beziehungsweise den Baustoff Holz nicht nur vorgebe, sondern auch vorhalte. «Wenn ein öffentlicher Bau mit regionalem oder Schweizer Holz gebaut werden soll, dann haben sich die Planer und Generalunternehmer daran zu halten», sagt Häring. «Es gibt in diesem Sinne keine Materialfreiheit für Architekten. Übrigens wird dies in anderen Kantonen schon so umgesetzt – und die haben auch ein Beschaffungsgesetz.»

Ein Beispiel von erfolgreich umgesetzter Wildtierbrücke aus Schweizer Holz kommt aus dem Aargau. Dort haben die Akteure schon früh begonnen, nicht nur Forderungen bezüglich der Wildtierüberführung Rynetel bei Suhr zu stellen, sondern auch über politische Kanäle die Umsetzung anzupeilen. Die Wildtierbrücke aus Holz bei Suhr sei das Resultat von «über 20 Jahren konsequenten Lobbyings», sagt Theo Kern von Wald Aargau auf Anfrage. «Die ersten Pfeiler wurden im letzten Jahrtausend eingeschlagen. Für das Projekt lobbyierte auf nationaler Ebene Sylvia Flückiger, Nationalrätin SVP Aargau, und im Umweltbereich waren die Arbeitsgemeinschaft für den Wald und die Abteilung Wald des Kantons Aargau involviert», so Kern. 

Bezüglich einer Veröffentlichung der Berichte verweist die Bau- und Umweltschutzdirektion Basel-Landschaft (BUD) ans Astra. «Von den Berichten hat die Regierung Kenntnis», sagt Andrea Bürki vom BUD auf Anfrage. «Sie hat in ihrer Stellungnahme auch betont, dass sie eine Wildtierquerung in Holz begrüssen würde.» Die Verwendung von Baselbieter Holz sei in einem begrenzten Umfang möglich, unter Berücksichtigung des Vergaberechtes.

Damit räumt die BL-Regierung zwar keine Fehler ein, zeigt aber, dass sie auf nationaler Ebene schlecht lobbyierte.


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